Biografien  

Kurt Finkenstein

geboren 27.03.1893 Straßburg
ermordet 29.01.1944 Auschwitz (Konzentrationslager)

Kurt Finkenstein
Kurt Finkenstein um 1930 (INN2_Nr_364_03)

Beruf Zahntechniker
Wohnort bei Verhaftung Kassel
Haftgrund Vorbereitung zum Hochverrat

Biografie

Kurt Finkenstein kommt am 27. März 1893 im elsässischen Straßburg zur Welt. Seine Mutter ist jüdischen Glaubens. Bei seinem Vater handelt es sich wahrscheinlich um einen deutschen Offizier, der allerdings schon vor der Geburt des Sohnes gestorben sein soll. Kurt Finkenstein ist evangelisch getauft. Er besucht die Realschule und beginnt nach seiner Konfirmation eine Lehre als Zahntechniker. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges arbeitet er als Zahntechniker in Metz. Mit Kriegsbeginn meldet sich Kurt Finkenstein bei der Artillerie. Noch während der militärischen Ausbildung wird er krank und in der Folge im September 1914 entlassen. 1915 tritt er in den Lazarettdienst ein und kommt dadurch nach Breslau, wo er seine spätere Frau kennenlernt. Kurt Finkenstein lehnt den Krieg zunehmend ab und wendet sich pazifistischen Ideen zu. Nach dem Krieg geht er zunächst nach Breslau und zieht dann mit seiner Frau nach Leipzig. Im August 1919 kommt das erste Kind, Peter, zur Welt. Rund zwei Monate später geht die Familie nach Kassel, wo Kurt Finkenstein das erste zahntechnische Labor der Stadt eröffnet. 1920 kommt das zweite Kind, Erich Martin, und 1923 das dritte Kind, Hans-Sylvester, zur Welt. Hans-Sylvester wird im November 1927 in ein Heim für Kinder mit Behinderung eingewiesen und stirbt hier wenige Monate später.  

In Kassel wird Kurt Finkenstein Mitglied der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD), und schließlich 1920 Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). 1925 tritt er aus der KPD aus, tritt ihr aber 1932 erneut bei. Die Wohnung Finkensteins in Kassel wird seit den 1920ern zum Treffpunkt von Schriftsteller:innen, Künstler:innen und Oberstufenschüler:innen, die hier über Politik, Gesellschaft und Kultur diskutieren. Finkenstein sammelt zudem Schallplatten, Bücher und Kunstwerke. 1930 trennen sich Kurt Finkenstein und seine Frau und lassen sich 1934 scheiden. 1926 hat er Käte Westhoff, eine ausgebildete Stenotypistin, kennengelernt, mit der er ab 1930 zusammenlebt. Ihr wird 1932 wegen ihrer Beziehung zu „dem Juden“ Kurt Finkenstein die Stelle beim Oberlandesgericht Kassel gekündigt.

Am 26. April 1933 wird Kurt Finkenstein wegen seiner KPD-Mitgliedschaft verhaftet und ins Kasseler Polizeipräsidium gebracht. Ihm wird vorgeworfen, anderen Kommunisten in seiner Wohnung Zuflucht gewährt zu haben. Nach rund sieben Wochen kommt er ins Konzentrationslager Breitenau, wo er zur Gruppe der ersten Gefangenen gehört. In Breitenau bleibt er bis Anfang August 1933. Danach folgen zwei Jahre in Freiheit. In dieser Zeit kann er seinen zahntechnischen Betrieb weiterführen. In der Wohnung von Kurt Finkenstein finden außerdem heimliche Treffen von KPD-Mitgliedern statt. Bald gerät Kurt Finkenstein jedoch erneut ins Visier der Gestapo. Am 23. Juli 1935 erfolgt seine Verhaftung gemeinsam mit 17 weiteren Männern und Frauen. Ihnen wird die Neuorganisation der KPD, vor allem in Finkensteins Wohnung, vorgeworfen. Während seiner Inhaftierung im Kasseler Untersuchungsgefängnis beginnt Kurt Finkenstein zahlreiche Gedichte zu schreiben, die seine Sorgen und Gedanken widerspiegeln. Im Mai 1936 wird Kurt Finkenstein in die Strafanstalt Kassel-Wehlheiden überstellt und seine Wohnung in Kassel ausgeplündert. Sein Labor wird schließlich im Oktober 1936 offiziell abgemeldet. Im November 1937 verurteilt der Strafsenat des Oberlandesgerichts in Kassel Kurt Finkenstein wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu einer Zuchthausstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten sowie dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf sechs Jahre. Kurt Finkenstein wird nun endgültig als jüdisch-kommunistischer Staatsfeind betrachtet und Käte Westhoff dazu gedrängt, ihre Beziehung mit ihm zu beenden. Im November 1943 wird Kurt Finkenstein entlassen, um nur wenige Tage später verhaftet und vom Kasseler Polizeigefängnis ins „Arbeitserziehungslager“ (AEL) Breitenau gebracht zu werden. Auch von Breitenau aus schickt er Briefe an Käte Westhoff. Am 8. Januar 1944 wird er schließlich ins Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Nach nur wenigen Tagen kommt er dort in den „Häftlings-Krankenbau“, wo er fünf Tage später, am 29. Januar 1944, stirbt.

Nach 1945 kann Käte Westhoff eine nachträgliche Eheschließung mit Kurt Finkenstein erreichen. Sie lebt bis zu ihrem Tod 1990 in Kassel. Sowohl eine Gedenktafel an der Außenmauer des ehemaligen Untersuchungsgefängnisses in Kassel als auch ein Stolperstein in der Karthäuserstraße sind Kurt Finkenstein und Käte Westhoff gewidmet.

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Kurt Finkenstein
Kurt Finkenstein um 1930 (INN2_Nr_364_03)