Friedhof

Sie sind nun an der letzten Station des QR-Code Rundgangs angekommen. Außerhalb der Klostermauer, etwa 500 Meter von der Anstalt entfernt, wurde 1877 der erste Anstaltsfriedhof angelegt. Nach mehreren Beschwerden über den verwahrlosten Friedhof wurde 1926 das vor Ihnen liegende Grundstück, unmittelbar neben dem Friedhof der Gemeinde Breitenau, angekauft. Hier sind auf der einen Seite Angestellte der Anstalt und deren Angehörige bestattet worden, auf der anderen Seite Gefangene. Um Beerdigungskosten zu sparen, wurden überdies einige der Toten der Anatomie in Marburg zugeführt. Diese setzte sie in der Medizinerausbildung ein und bezahlte der Anstalt pro Leiche ein bestimmtes Entgelt. Auf dem Anstaltsfriedhof wurden auch die Opfer des "Arbeitserziehungslagers" (AEL) beerdigt, unter ihnen Willy Hermann Tietz, der aus antisemitischen Gründen verfolgt und am 23. April 1944 ermordet wurde.

Wenige Wochen nach der Befreiung des Lagers ließ die amerikanische Militärregierung hier außerdem die Opfer eines Endphaseverbrechens beerdigen. Die 28 Männer, es handelte sich um sowjetische, französische und niederländische Zwangsarbeiter, waren wenige Stunden vor Eintreffen amerikanischer Soldaten Ende März 1945 von der Gestapo ermordet worden. Anfang der 1960er Jahre wurden insgesamt 48 Gebeine vom historischen Anstaltsfriedhof auf die neu angelegte Kriegsgräberstätte Ludwigstein bei Witzenhausen umgebettet. Es handelte sich um "ausländische Zivilisten", die im AEL Breitenau ermordet worden waren, darunter auch die 28 Opfer des Endphaseverbrechens. Heute sind noch viele Fragen offen: Wer waren die Menschen, die hier beerdigt wurden? Wann wurden ihre Gräber eingeebnet und was sagt dieser Umgang mit dem Friedhof über die lokale Erinnerungskultur aus? 

 

Endphaseverbrechen

Am 30. März 1945 fand am Fuldaberg, oberhalb des Ortes Guxhagen eine Massenerschießung statt.

In den frühen Morgenstunden wählte die Gestapo 30 Gefangene des AEL Breitenau scheinbar willkürlich aus. In Gruppen von jeweils 10 Personen wurden die Menschen zum Fuldaberg hinaufgeführt, an einer zuvor von anderen Gefangenen ausgehobenen Grube aufgereiht und von Angehörigen der SS und der Gestapo erschossen. Zwei Männern gelang nacheinander die Flucht den Hang des Fuldabergs hinab durch die Fulda. Die 28 Ermordeten wurden im Wald an Ort und Stelle verscharrt. Am 21. April 1945 erhielt die amerikanische Militärregierung von einem ehemaligen Gefangenen des AEL Breitenaus den Hinweis, dass kurz vor ihrem Eintreffen in Guxhagen ein Massenmord stattgefunden habe. Die Militärregierung ließ daraufhin die verscharrten Leichen ausbetten und auf dem ehemaligen Appellplatz untersuchen, um ihre Identität zu klären. Nur bei wenigen fanden sich jedoch Erkennungsmarken. Die meisten der Toten wurden namenlos auf dem nahe gelegenen Anstaltsfriedhof bestattet.

Umgang mit den Verantwortlichen

Verantwortlich für den Befehl des Endphaseverbrechens sowie für dessen Umsetzung waren der Leiter der Gestapo Kassel Franz Marmon und sein Stellvertreter Erich Engels. Engels wurde unmittelbar nach Kriegsende aufgegriffen und in Haft genommen. In 1947 wurde er nach Polen überstellt, wo er zum Tode verurteilt und 1951 erhängt wurde. Marmon tauchte zunächst mit gefälschten Papieren unter und wurde 1950 verhaftet. Nach zwei Jahren Haft wurde er 1952 wegen des Befehls zur Massenerschießung der 28 Gefangenen sowie weiteren Massenmorden vor dem Landgericht Kassel zu zwei Jahren Haft verurteilt. Da ihm die Zeit in Untersuchungshaft zwischen 1950 und 1952 angerechnet wurde, konnte er den Gerichtssaal als freier Mann verlassen.