Turm
Sie stehen nun vor dem großen Portal des Kirchturmes der historischen Klosterkirche. Das Treppenhaus im Turm der Kirche führt noch heute zu den unterschiedlichen Ebenen des Mittelschiffs. Außerdem gehen vom Treppenhaus insgesamt drei Einzelzellen ab. Ein Glockenturm auf dem historischen Portal der Basilika wurde erst 1899 erbaut, da mit Einrichtung des Arbeitshauses die ehemalige Klosterkirche fortan doppelt genutzt wurde: Einerseits als Kirche für den Gottesdienst der Gemeinde Guxhagen, andererseits als Haftstätte.


Isolierzellen
Die drei im Turm vorhandenen Zellen dienten zur Einzelhaft und Haftverschärfung. In ihnen wurden Menschen bei Verstößen gegen die Anstaltsordnung zur Bestrafung meist mehrere Tage allein bei schlechter Ernährung eingesperrt. Die Fenster dieser Zellen ließen sich vollständig verdunkeln, sodass die Gefangenen in absoluter Dunkelheit die zeitliche und räumliche Orientierung verloren. In Zeiten der Überbelegung wurden die Zellen auch für mehrere Gefangene auf einmal genutzt. Diese waren dann auf engem Raum unter schlechten hygienischen Bedingungen eingesperrt. In den Wänden der Zellen finden sich etliche Einritzungen der Inhaftierten. Eine dieser Einritzungen ist hier abgebildet. Es handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Karikatur, die den Anstaltsdirektor Heinrich Klimmer (1933-1940) darstellt.

Waschräume
Im Untergeschoss befinden sich die Wasch- und Duschräume. Mit diesem Ort ist für die Gefangenen ein demütigender Prozess des Ent- und Bekleidens verbunden. Den Gefangenen wurden sämtliche Kleider und persönliche Gegenstände abgenommen. Danach wurden sie mit kaltem Wasser geduscht und teils mit Gummiknüppeln und Tritten misshandelt. Mitunter wurden sie nackt über das Anstaltsgelände getrieben. Anschließend mussten sie sich mit der einheitlichen, grauen Anstaltskleidung einkleiden. Den männlichen Gefangenen wurden außerdem nach der Ankunft die Haare kurz geschoren. Da sich im Lager während des Zweiten Weltkrieges aufgrund mangelnder hygienischer Zustände immer wieder Läuse ausbreiteten, wurden teilweise auch den weiblichen Gefangenen die Haare abgeschnitten.

Zur Biografie von Antonius Grimmelikhuysen:
Biografie - Gedenkstätte Breitenau (gedenkstaette-breitenau.de)
Medien:
Eingang Turm, „Klosterkirche Sankt Maria, Benediktinerkloster Breitenau“ vor 1920 (Bildarchiv Foto Marburg, fm7024)
Entwurf Glockenturm 1896 (LWV-Archiv Kartensammlung, Nr. 905)
Foto "Wandinschrift 1. Stock Einzelzelle", Archiv Gedenkstätte Breitenau
Foto „Duschraum Haftteil", Archiv Gedenkstätte Breitenau
Zeitzeugeninterview mit Antonius Grimmelikhuijsen, Archiv Gedenkstätte Breitenau
Wolfgang Schönfeld
Kurt Finkenstein
Schüler:innen der 10b am Friedrichsgymnasium Kassel haben sich in Kooperation mit der Gedenkstätte Breitenau im Rahmen eines fachübergreifenden Projektes mit den Biografien jüdischer Verfolgter und verfolgter Geistlicher auseinandergesetzt und einen Audiowalk für Jugendliche entwickelt. Der Audiorundgang mit dem Titel „Tonspuren“ führt zu unterschiedlichen Stationen, die mit den Biografien der Verfolgten verbunden sind. Die Route verbindet Personen mit den Erinnerungsorten, z.B. den Stolperstein für Kurt Finkenstein und der Gedenktafel zu Lili Jahn in der Kasseler Innenstadt mit dem Konzentrationslager und "Arbeitserziehungslager" (AEL) Breitenau. Hier waren alle ausgewählten Personen zeitweise inhaftiert. Die Schüler:innen haben sich im Rahmen des erneuerten pädagogischen Angebots der Gedenkstätte mit Kurt Finkenstein, Ludwig Pappenheim, Katharina Staritz, Wolfgang Schönfeld, Lilli Jahn und Konrad Trageser beschäftigt.
Zur Biografie von Kurt Finkenstein in Textform:
Biografie - Gedenkstätte Breitenau (gedenkstaette-breitenau.de)