Kirche
Von der Klosterkirche zur Haftanstalt
Wenn Sie die Kirche durch die Eingangstür betreten, befinden Sie sich im Chrorraum. Hier findet auch heute noch der Gottesdienst der evangelischen Gemeinde statt. Das Benediktinerkloster Breitenau wurde im Jahr 1113 gegründet und die romanische Pfeilerbasilika aus drei Schiffen um 1250 fertiggestellt. An der Nordseite der Kirche schloss ein Kreuzgang an und auf der Westseite des Geländes befanden sich Stallungen und Scheunen.
Nach Auflösung des Klosters im Zuge der Reformation und diversen Umbauten sowie einer Zeit des Verfalls wurde das Gelände im 19. Jahrhundert einem völlig neuen Zweck zugeführt: Mit Einrichtung der Correktions- und Landarmenanstalt Breitenau wurde das Kirchengebäude geteilt in ein Gefängnis und in einen Kirchenraum.
Die Gefangenen im Gottesdienst
An den Gottesdiensten der evangelischen Kirchengemeinde nahmen seit Eröffnung der Anstalt als Teil der Gefangenenfürsorge die Insass:innen des Arbeitshauses teil, die jedoch von den Gemeindemitgliedern streng getrennt waren. Während die Gefangenen bewacht, über einen separaten Eingang vom Appellplatz die Kirche betraten, nutzten die Gemeindemitglieder den Südeingang. Auch die Sitzverteilung war geregelt. Es gab einen "Anstaltsteil" auf der einen Seite und Sitzreihen für die Gemeindemitglieder auf den anderen Seiten, vor und rechts der Orgel. Als im Juni 1933 männliche Schutzhaftgefangene in der Anstalt untergebracht wurden, mussten auch sie an den Gottesdiensten teilnehmen. Die teils deutlich von Misshandlungen und der KZ-Haft gezeichneten Gefangenen waren Mahnung und Demütigung zugleich: An die Gemeindemitglieder gerichtet, sollten sie eine abschreckende Funktion erfüllen. Für die atheistischen Kommunisten und die Juden unter den Gefangenen war die erzwungene Teilnahme am christlichen Gottesdienst vor allem demütigend.

Medien:
Chorraum "Klosterkirche Sankt Maria, Benediktinerkloster Breitenau" vor 1920 (Bildarchiv Foto Marburg, fm7063)